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Chinabesuch von Bundeskanzler Scholz liefert Hamburgs Wirtschaft, seinem Logistikcluster und seiner Wissenschaftskooperation neue Impulse

 
17. April 2024


Es geht nicht um unfundierte Chinakritik, es geht um Fakten, Chancen und um unsere Zukunft. 

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski dankte Bundeskanzler Olaf Scholz für dessen diplomatische Bemühungen in Peking zur Beilegung des Krieges. „Ich möchte Olaf, dem deutschen Kanzler, besonders für seine Führungsrolle und angemessene internationale Kommunikation danken“, sagt Selenski in seiner nächtlichen Videoansprache. China könne bei den Friedensbemühungen helfen, berichtet das Handelsblatt in seinem Live Block. Nach seinem Gespräch mit Chinas Präsident Xi Jinping sieht der Kanzler gemeinsame Interessen in der Außenpolitik. Beide Länder wollten Frieden in der Ukraine, erklärte Scholz laut Zeit online.

Ein Großteil der Medien sieht dies jedoch eher kritisch. „Scholz will Xi von einer Friedenskonferenz überzeugen. Doch Chinas Staats- und Parteichef kommt ihm in Sachen Ukraine nicht entgegen“, berichtete die FAZ. Diese Einschätzung verkennt zumeist, dass der chinesische Ansatz der Neutralität ähnlich auch von Indien, dem bevölkerungsreichsten Land der Welt oder Brasilien geteilt wird. 

Die „chinakritische“ Berichterstattung verkennt oft solche Fakten, die sich nicht mit eigener Sichtweise decken. Dies zeigt sich auch in der Kritik, Schulz habe weniger Probleme angesprochen, sondern zu sehr auf Kooperation gesetzt. Vor Ort wird die Entwicklung Chinas eher als Chance gesehen, wobei auch die Risiken benannt werden. „Olaf Scholz setzt weiter auf Wirtschaftszusammenarbeit“ fasst Chinakenner Prof. Ole Döring in der regierungsamtlichen Onlineseite Chinas den Besuch des Bundeskanzlers aus chinesischem Blickwinkel zusammen. Prof. Karl-Heinz Pohl, der wie Döring ein ehemaliger Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Asienkunde ist, sieht in der China-Reise des Bundeskanzlers eine Chance, die „Moralisierung“ der Außenpolitik zu überwinden. „Die Moralisierung der Politik verhindert die Grundlage jeder interkulturellen Verständigung, nämlich die Bereitschaft zum Perspektivwechsel und die Fähigkeit, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen“, so Pohl.

Gegenseitige Verständigung ist die Voraussetzung für Kooperationen. Und Kooperation ist die Basis, um unseren Wohlstand zu sichern und die drängenden ökologischen Fragen der Welt zu lösen. Ohne China geht dies nicht, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke, die in der Delegation mitreiste und dort dafür verschiedene Vereinbarungen abschloss. Ohne China, Indien und Brasilien, wo über 3 Milliarden Menschen wohnen sowie den anderen Schwellenländern geht dies nicht, kann hinzugefügt werden.

Der Europaabgeordnete und ehemalige Maoist sowie ehemaliger Aktivist des Kommunistischen Bund Westdeutschlands Reinhard Bütikofer (Grüne) warnt in der TAZ Scholz vor einer „Verzwergung“. In diesem Kontext wir gewarnt, kritisiert und „moralisiert“. Funktionierende politische Alternativen werden jedoch kaum genannt.

Deutschland mit 84 Millionen Einwohnern und den drei genannten Schwellenländern mit über 3 Milliarden Einwohnern - dies sind die Kräfteverhältnisse des Jahres 2024. Eine auf Ideologie und Überheblichkeit basierende belehrende Politik führte bei uns zu Wohlstandsverlust, förderte nichtdemokratische politische Gruppierungen und behindert den notwendigen ökologischen Umbau unseres Landes und unserer Wirtschaft. 

Scholz dagegen reiste gut informiert und an Fakten interessiert nach China. Dies erzeugte ein Klima, um dort auch kritische Themen zu besprechen und nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Chinakritik ist in vielen Punkten notwendig. Doch muss jede Kritik sich auf Fakten berufen und die Sichtweise der anderen Seite kennen. Sie muss gangbare und nachhaltige Alternativen aufzeigen.

Ein Thema für eine Zusammenarbeit sind gemeinsame technische Normen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) schloss dazu in Peking eine Absichtserklärung mit der chinesischen Seite. Wissing erklärte, das autonome und vernetzte Fahren sei verbunden mit der Hoffnung auf eine sicherere und effizientere Mobilität der Zukunft. "Wir befinden uns derzeit in einer entscheidenden Entwicklungsphase, in der es darum geht, die Technologie aus den Laboren auf die Straßen zu bekommen. Der Schlüssel dafür liegt im fairen Wettbewerb. Dafür sind gemeinsame Standards und Normen, zu deren Entwicklung unsere gemeinsame Absichtserklärung beitragen wird, wichtig und nützlich“.

Wenn Millionen mit Kameras ausgerüstete Teslas in China fahren oder viele Millionen iPhones dort in Betrieb sind, müssen Datenschutz- und Sicherheitsstandards dafür gefunden werden. Gleiches gilt für in China produzierte smarte Elektroautos, die nach Europa kommen. Dafür sollten gemeinsame Normen, eine global gültige Sicherheit vorgeschrieben werden.

Das Thema „Gemeinsame Normen“ ist auch für die vielen großen und kleinen technischen Teile notwendig, die in den smarten Elektroaus verbaut sind. Und wenn in China zwei Drittel der Weltproduktion stattfindet, dort zwei Drittel der Elektroautos verkauft werden, entstehen dort hauptsächlich die Normen. Doch deutsche Konzerne sind in China gut aufgestellt und können daran mitwirken. Auch in chinesischen Elektroautos stecken noch viele Zulieferungen deutscher Firmen und die meisten aus China nach Europa exportierten Elektroautos sind westliche Marken, wie Tesla oder der Dacia Spring, der laut ADAC mit Rabatt bereits für unter 13.000 Euro erhältlich ist.

Nicht zuletzt wies Scholz in China auch auf seine Erfahrungen, die er als Hamburger Bürgermeister bei seinen Chinareisen gemacht hatte, hin. Logistikthemen und sichere Lieferketten standen auf der Tagesordnung. Verlässliche Logistikstrukturen sind für Deutschlands Wohlstand unerlässlich und besonders für die Hansestadt Hamburg wichtig. Dies müsse sich auf die neue weltwirtschaftliche Realität ausrichten, müsse die neueste technologischen Entwicklungen im Auge haben. Diesen Ansatz möchten wir mit unserer Initiative „Silkrail.de“ unterstützen. Der Umschlagsbahnhof der DB DUSS Billwerder und das Neubaugebiet Oberbillwerder können sich auf diese Zukunftsgeschäfte ausrichten. Der Chinabesuch des Bundeskanzlers lieferte dafür fundierte Impulse, gibt Hamburg gute Chancen, diese Geschäftsfelder, Handelsstrukturen und Forschungskooperationen der Zukunft zu entwickeln. Wichtig ist es, diese verschiedenen Felder nicht getrennt zu sehen, sondern in einem ganzheitlichen Konzept zum Wohle der Menschen zu entwickeln.



Text: Thomas Kiefer. Die Meinung des Autors spiegelt nicht notwendigerweise die Position unserer Website und unserer Projektpartner wieder.

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Der damalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz im November 2015 bei einer Kooperationsveranstaltung in Shanghai. Foto: Thomas Kiefer